Portugal Radreise 2013

Mit dem Fahrrad auf Portugals ECOPISTAs

Bacalhau so weit das Auge reicht
Bacalhau so weit das Auge reicht

Motivation

 

Mit dem Rad wollten wir die Ponte Vasco da Gama (Lissabon, Tejo) überqueren, unsere Reiseplanung war voll und ganz darauf ausgerichtet.
Diese Veranstaltung (world bike tour) wurde in 2012 zum siebten Mal ausgetragen und in 2013 wollten wir dabei sein.
Bis Ende April 2013 gab es keine Bestätigung, dass die achten Ausgabe der Veranstaltung stattfinden wird. Wir mussten schnell umentscheiden. Bei der Suche nach Alternativen begegneten uns erstmals die Begriffen Bahntrassen und Flussradwege.
Ich suchte alles darüber zusammen was ich für das Reiseland Portugal finden konnte, und hatte ziemlich mit dem Übersetzen zu tun.
Nachdem sich ein sinnvolles Bild für diese Reise geformt hatte, war es eine beschlossene Sache.Probieren.
Da wir im Nordosten Portugals einreisten, wählten wir die Ecopista do Sabor als Einstiegsfahrt.

Anreise mit dem Auto

Berlin - Antwerpen - Poitiers - Pamplona - Torre de Moncorvo

Am 10. Juni war alles vorbereitet, die Reise konnte entspannt und ohne Hektik losgehen.

Mit dem Auto von Berlin über Antwerpen, Poitiers nach Pamplona schließlich über Miranda do Douro (Portugal) nach Torre de Moncorvo in 4 Tagen. Immer mit genügend Zeit, links und rechts des Weges noch etwas an Eindrücken zu gewinnen.


Erstes Reiseziel

Torre de Moncorvo im Trás-os-Montes und Ausflüge

Durch eine Empfehlung der Touristeninformation Posto de Turismo in Torre de Moncorvo wohnen wir für die nächsten 9 Tage in der Quinta da Terrincha. Von dort aus erkunden wir...

 

Torre de Moncorvo: Weinmuseum Oficina Vinária – Museu do Vinho, Kirche Igreja de Nossa Senhora da Assunção, Markt Mercado Municipal, sowie das eine oder andere regionale Produkt verkostet. Das Eisenmuseum O Museu do Ferro war im Moment geschlossen.

• Foz do Sabor ist ein kleiner Strand, hier mündet der Fluss Sabor in den Douro

• Adeganha, ein charakteristisches, pittoreskes Dorf im Trás-os-Montes

• den Miradouro de S. Gregório und lassen uns von seinem mehr als 180° Panoramablick beeindrucken

• eine Staumauer, die im Entstehen ist

• Pocinho, von wo aus wir eine Bahnfahrt entlang des Douro nach Pinhão starten

Bahntrasse: Ecopista do Sabor

Nach der Zeit des Akklimatisierens steht unsere erste Bahntrassen - Schnupperfahrt an und wir sind sehr gespannt!

Der offizielle Einstiegspunkt ist in Torre de Moncorvo, versteckt in einer Sackgasse. Die Räder werden über ein paar Stufen auf die Trasse gehoben. Ein sehr aufregender Moment!. Um momento muito emocionante!

Aha, links oder rechts lang, hmm? Schild studiert und den alten Bahnhof von Moncorvo passiert. Bald landen wir an einer verschlossenen Baustelle. Beim nächsten Besuch könnte es hier vielleicht weitergehen, es ist der Teil der Trasse, die nach Pocinho führt. 

Gewendet, jetzt aber richtig los. Der Startpunkt ist am tiefsten Punkt der Trasse, d.h. man darf beständig gegen eine gewisse Steigung anfahren. Heiß ist es auch, also Pausen einlegen. Verschiedenen Vegetationszonen werden durchfahren, saftig-grün und schattig aber auch karg und sonnig.

Nach 10 km erleiden wir heftigste Heuschnupfenattacken, grrr. Wir können uns in den Schatten des Apeadeiro da Quinta Nova (Carvalhal) retten und brauchen eine ziemliche Zeit zur Erholung. Ca. 1-2 km trennten uns vom höchsten Punkt der Strecke. Bahnhof mit Wasserturm waren in Sicht, aber in diesem Zustand treten wir den Rückweg an. Einfach bergab rollen lassen, allerdings auf Drängelgitter und Querungen achten!

Dieses unvollendete Werk braucht natürlich einen Abschluss.  Das haben wir dann zu Fuß erledigt.

In Carviçais suchen wir, an einem anderen Tag, den Einstieg und wandern in Richtung Moncorvo. 

 

Eine landschaftlich sehr schöne Trasse die wir bis kurz vor dem Stausee Barragem de Vale Ferreiros folgen. Ein satt behangener reifer Kirschbaum sowie ein heftiger Regenschauer wird uns in langer Erinnerung bleiben.

Neuer Tag, nächster Anlauf. Noch einmal fahren wir zu diesem Staussee und vollenden die Wanderung auf der Bahntrasse! Fast! Wir passieren noch einige Apeadeiros, die nur noch Ruinen sind. Aufgestellte Tafeln geben Auskunft über das umliegende Gebiet. Einst blühte hier die Industrie. Das bereits oben erwähnte Eisenmuseum als auch der Blick auf den Cabeço da Mua, mit Zugang zu einer Eisenerzlagerstätte erzählen davon.

Hier entspringt unsere Reiseidee für Industriekultur_2014.

Als wir soweit gelaufen sind, dass wir Bahnhof und Wasserturm sehen können, erfreuen wir uns über unsere erste erfolgreiche Bahntrassenfahrt.

 

Merke: Es lag nicht an der Trasse! Heuschnupfen, Regen, Temperaturen mussten erst mal verarbeitet werden. Wir kommen wieder und fahren das Ding noch einmal, komplett!!

Bahntrasse: Pocinho nach Barca D´alva

Während einer Autofahrt in Pocinho entschließen wir uns spontan die Bahntrasse in Richtung Barca D´alva zu belaufen. Über Schienen, Schwellen, durch dichtes Gestrüpp, ein schwerer Pfad auf stillgelegter Bahntrasse, am Douro entlang, nach 2 km kehrten wir um. Die kleine Kostprobe, wird vielleicht mal für Radler erschlossen. Bislang ist es eher ein Pfad für Abenteuer Suchende.

Ursprünglich war sie Bestandteil der Linha do Douro von Porto nach Barca D´alva und führte weiter nach Spanien.

Die Verpflegung

...ist in Portugal wie immer fantastisch! Frühstück in der Quinta. Zwischendurch hier und da einen Imbiss auf einem Bauermarkt. Zum Abendessen sind wir meist im O Abade, ein Restaurant im Nachbarort Junqueira.

Am 19. Juni gibt es Sardinen bis zum Umfallen, ach ne, das war der Wein, aber die Sardinen waren dem Heiligen Antonius gewidmet Dia de Santo António (Antoniustag).


Zweites Reiseziel

An die Küste nach Aveiro

Seitenwechsel: Vom Gebirge geht es an die Küste nach Aveiro, wo wir uns gewöhnlich in der Quinta do Picado ein quartieren. 

Aveiro ist für uns so etwas wie eine kleine Heimat. Der Aufenthalt dort geht immer mit dem Besuch langjähriger portugiesischer Freunde einher. Ausgedehnte Erzählungen, gemeinsames Essen und Trinken wecken alte Erinnerungen…

 

Darüber hinaus schaffen wir noch einiges Vertraute und Neues zu erkunden:

• Atlantikbrise am Haff von Aveiro Ria de Aveiro in Gafanha einatmen

• in Anadia das Weinmuseum und den Feira do Vinho besucht

• Besuch der Adega Cooperativa de Cantanhede und Luis Pato mit dem Einkauf kleiner Andenken


Bahntrasse: Ecopista Linha do Vouga

Die nächste Pionierfahrt auf der Linha do Vouga steht heute an. Der Startort Sernada do Vouga ist leicht zu finden, Auto abstellen, Räder montieren und los. Immer der Masse nach, denn heute ist Sonntag und das heißt auch immer Radsporttag. 

Es sind alles Portugiesen auf Mountainbikes, kein verrückter Tourist kommt mit seinem Fahrrad hierher, oder?

 

Alsbald sind alle verschwunden und wir machen unsere Genießertour. Die Namen der durchfahrenen Orte klingen „vertrauensvoll“ Jafafe, Macinhata do Vouga, Valongo do Vouga, Arrancada do Vouga, der Fluss Vouga ist gleich nebenan. 

Es kommen 10 km beschwerlicher Schotterweg mit einigen heftigen Rampen. Irgendetwas passt hier nicht. Es könnte eine Bahntrasse gewesen sein. Wir kehren um, spätere Erkenntnis: Es war die Trasse Ramal de Aveiro, diese ist aber noch aktiv!! Dann sind wir wohl auf einem Nebenweg geradelt.

Kurze Erholung und ab in die geplante Richtung. Von Sernada do Vouga bis Carvoeiro ist die Trasse in eine normale Autostraße übergegangen. Ein einsames Schild weißt noch auf die ehemalige Station der Apeadeiro Carvoeiro hin.


Ab Carvoeiro zeigt sich die Trasse als gut befahrbare Schotterpiste, der man 3 km in Richtung Viseu folgt, parallel zur EN 16 und den Rio Vouga immer in Sicht. Nach weiteren 2 km sind wir in Foz do Rio Mau

 

Mit km „0“ beginnt am Lugar da Foz der offizielle Teil der Ecopista. Sie ist wunderbar asphaltiert und rot gekennzeichnet. 

Bei 6 km befindet sich die Station Paradela do Vouga. Es folgt Cedrim, auch hier alles frisch restauriert. Wir hoffen, dass es lange erhalten bleibt und sich viele Sportler daran erfreuen können, weil es echt super ist!

Kurze Zeit später „verlieren“ wir wegen einer Absperrung die Trasse fast aus dem Blick, da sie gerade restauriert wird.

Ein paar Worte mit den Bauleuten und wir dürften passieren! Die Räder und unsere Schuhe hinterlassen Abdrücke für die Ewigkeit…

Etwas orientierungslos setzen wir unsere „reichhaltige“ Bahntrassen-Erfahrung ein und spielten Pfadfinder, mit gutem Ergebnis!

Auf der richtigen Spur halten wir nach 18 km in Ribeiradio. Ein Imbiss und Getränke müssen her.


Ziemlich erschöpft, angestrengt von Konzentration, Hitze, bergauf und Gegenwind gönnen wir uns für den Rückweg die Bundesstraße EN 16. 

Uij, das geht rasant und sind wieder gut am Startpunkt gelandet.

Zu unserer Reisezeit fanden wir die Trasse und die Gebäude von Lugar da Foz bis Cedrim renoviert und sehr gut fahrbar vor. 

Für diese nachträgliche Seitenerstellung habe ich noch einmal nachgeforscht und gefunden, dass die Strecke jetzt bis Fontelas ausgebaut sein soll. Auch hier geht es wohl Stück für Stück weiter, was in etwa 10 km ausmacht.


Drittes Reiseziel

6 Tage in Santa Comba Dão

Nach einigen Tagen brechen wir nach Santa Comba Dão auf. Die Quinta "Vale do Pereiro" wird unser Domizil die kommenden Tage, wo wir bequem uns selbstversorgen können. Morgens werden sogar die Brötchen geliefert.

Idyllisches Plätzchen, gelegen am Rio Dão und genau an der Bahntrasse Ecopista do Dão, relaxen und aufs Wasser schauen, aber auch... 

  • 2 km Fußweg zum Ort Santa Comba Dão, Startpunkt der Trasse
  • nach Tábua, kleinen Festivität mit Grillen im portugiesisch Style und etwas buntes Treiben
  • noch einmal nach Luso, um den Buçaco-Wald zu erkunden, zum Glück bei nur 24°C war die Anstrengung ganz gut zu bewältigen
  • Coimbra ist immer sehenswert...

Bahntrasse: Ecopista do Dão

Bestes Wetter für eine Radtour

nur 25°C bewölkt, Ecopista do Dão total. Anfänglich entland des Rio Dão, dann des Rio Dinha bis schließlich nach Viseu.

Die 50 km lange stetig ansteigende Strecke hat es ganz schön in sich. Es gibt zwar Haltepunkte, aber keine Restauration unterwegs!
Von einem umgestürzten Baum, der den Weg komplett versperrt, lassen wir uns auch nicht aufhalten. Der Speichenriss am Hinterrad macht die Fahrt hingegen etwas abenteuerlicher. Auch hat sich die Sonne langsam durchgesetzt. Ab Viseu ist die Strecke eher unansehnlich und ohne Charme. Es gibt auch keine Bahnrelikte mehr, das letzte wurde dem Individualverkehr geopfert.

2013 hat die Strecke Platz 3 beim "European Greenways Award" erhalten.

 

Zurück geht es jetzt fast nur noch bergab, mit Wind von vorn, macht aber nichts. Erschöpft und stolz kommen wir in der Quinta an.

Viertes Reiseziel mit Abschied

Unhais da Serra

Das schöne Haus muss leider irgendwann verlassen werden, aber es wartet noch ein weiteres und letztes Highlight auf uns!

Über die Serra da Estrela führt uns der Weg nach Unhais da Serra. Als Überraschung für meine Frau gibt es ein Hotel mit exclusivem Spa. Es versüsst uns den Abschied von Portugal.

Kleine Ortserkundung von Unhais, Besuch von Covilhã, letzte Einkäufe von Wein und Käse und vor allem viel Genießen im großzügigen Wellnessbereich bereitet uns auf vier Tage Rückfahrt nach Berlin vor.

Resümee

Man kann es für "verrückt" halten oder es begrüßen, jedenfalls war es für uns die richtige Entscheidung, die eigenen Räder mitzunehmen. Zumal wir sowieso mit dem Auto gefahren wären, schon wegen der vielen Andenken: Wein, Schinken, Käse, Bacalhau und oh Olivenöl!…ja wirklich, unser Caddy Kofferraum war voll!

Bahntrassen kennen zu lernen und das im Ausland, war schon recht ambitioniert. Wir wussten nicht, was uns erwartet.

Ganz bestimmt werden wir wieder einmal in Portugal Radfahren, ganz bestimmt Bahntrassen und den einen anderen Flussradweg erkunden. 

Die Räder haben alle Streckenbelege auch die "Experimental-strecken" bestens geschafft! Oder waren wir das?

Die gewählte Jahreszeit war einfach zu warm. September, Oktober ist ggf. besser und wünschenswert wäre sehr viel mehr Zeit.

 

Kleine Übersetzungen

Estação = Station ist ein Bahnhof

Linha = Hauptbahn/-Strecke Linha do Douro ist die Hauptverbindung zwischen Porto und dem Landesinneren 

Ramal = Nebenlinie, sekundär Linie (Zubringer)

Ria = Haff; in Beachtung zu Rio einem Fluss

Apeadeiro = Zughaltestelle, kleiner Ort ohne Bahnhof; eine sehr kleine Eisenbahnstation, in meist dünn besiedeltem Gebiet, an denen die Züge nur halten, wenn a) Passagiere auf dem Bahnsteig signalisieren, dass sie einsteigen wollen und/oder b) wenn ein Zugpassagier signalisiert, dass er aussteigen will

Foz = Mündung

 

BTT = Bicicleta Todo o Terreno oder  = Bicicletas de Montanha = Mountainbike

Ciclovias sind Radwege und wohl eher innerorts zu finden
"outras Ciclovias" Radwege eher außerorts
Ecopistas sind eher die Bahntrassen
Ecovias sind Flussradwege oder Küstenwege
Percursos de Cicloturismo Radtourismus-Kurse, hmm?!
eher längere Strecken, ausgeschildert und oft Mountainbike "pflichtig".

Die meisten Beschreibungen weisen auf den Gebrauch von Mountainbikes (BTT) hin sind jedoch auch mit "normalen" Rädern oder gar Rennrädern befahrbar, aber Vorsicht vorher genau erkundigen!!


Fotos

Die meisten eingebundenen Bilder entstammen dem mitgeführten Smartphone Samsung S1, wenige einer Sony Alpha 700. Die Bildqualität ist folglich nicht immer gelungen. Wir hoffen trotzdem, einen Eindruck von Landschaft und Abenteuer vermitteln zu können.

Equipment

Zwei schöne klassische Stahlrahmen!

Basso Scout, Tourenrad aus dem Jahre 1991, Columbus Aelle CMn-Stahl

Gewicht: 2345 g

Anbauteile haben etwa Shimano 600-ter-Qualität

Lenkerdrehschaltgriff

Bereifung: Schwalbe Marathon, 30 mm

SPD-Pedalen, Sidi-Mtb-Schuhe

Übersetzung/Entfaltung:

46 ||   11  - 13 -  15  -  17 -  20  - 23 -   26 -   30  - 34

[m]   2,84-3,22-3,71-4,2-4,83-5,68-6,44-7,43-8,78


Karten-Tracking

Mit einem Samsung S1 sowie der Oruxmaps-App und OSM-Offline-Kartenmaterial wurde getrackt.

Die Tracks wurden für diese Veröffentlichung mit BaseCamp und der eingebundenen OSM (Map of Portugal) Karte aufgearbeitet und dargestellt.

Leider hatte das Tracking noch Experimentierstatus und ist nicht so konsistent wie ich es mir gewünscht hätte.

Links

Die ersten Ideen hier gefunden: Bahntrassenradeln die Seite von Joachim Bartoschek.

Dann etwas Wiki in deutsch Ecopista do Sabor.

und schließlich wurde es interessant;

Portugiesischsprachige Fotoblogs mit Infos

Ecobike Blog

Ecopista do Sabor: Die Züge fahren hier nicht mehr 

Fotostrecke Wanderung auf der Linha do Sabor 2013

Infos über Bahntrassen in Nordportugal

 

Linha do Vouga Blog

 

Ecopista Santa Comba Dão

Noch eine sehr gute Info

 

Jeder Millimeter Radweg findet hier seine Erwähnung.

Eine Infrastrukturgesellschaft stellt die Bahntrassen Ecopistas vor. REFER ist in etwa so etwas wie der Bahnnetzbetreiber.

 

Der portugiesische Radsportverband