Berlin - Venedig

 

Neues Jahr... neues Ziel. 

Diesmal radeln wir nach Venedig. Als besonderer Höhepunkt, im wahrsten Sinne des Wortes, geht es auf der "Via Claudia Augusta" über die Alpen. So ist der Plan.

 

Es werden 1.350 km mit 8.000 Hm


Potsdam - Bad Salzelmen

130 km, 527 Hm, 3 Tage

Diese Reise starten wir in einem suboptimalen Zustand. Durch einen außergewöhnlichen Wohnungswechsel entfallen weitgehendst vorbereitende Radtouren. Aber das Eis lockt, also sind wir los...
Beginnend in Potsdam nehmen wir die Route über den Radweg Berlin-Hameln (RBH) auf. Diese Wahl entpuppt sich ziemlich schnell als sehr schlecht, weil: viel Sand, kaputte Pisten und keine Beschilderung. 30 °C machen die Sache nicht einfacher. Daher weichen wir für längere Strecken auf asphaltierte Straßen aus.

Der jetzt schon vorhandene Muskelkater freut sich auf das älteste Solebad Deutschlands (1802) in Bad Salzelmen. Beeindruckend ist das 400 m lange Gradierwerk und andere Relikte aus der Hochzeit der Salz-Ära.



Bad Salzelmen - Probstzella

270 km, 2.031 Hm, 7 Tage

Gut erholt radeln wir, nach unserer Minikur, an der Saale entlang in Richtung Süden, quasi dem Eis in Venedig entgegen. Der Saaleradweg ist ein echter Genuss!

Üblicherweise buchen wir von unterwegs unsere Unterkünfte. Dies erweist sich in dieser Gegend als sehr kompliziert, da unzureichende Netzanbindung uns große Probleme bereiten.

Eine Gedenktafel bei Braunsbedra erinnert an die Dörfer, die dem Tagebau weichen mussten. Später wurde das Gebiet geflutet und heißt nun Geiseltalsee.

Die sonst sehr zuverlässige Routenzeichnung von "Bikemap" hat uns in der Nähe von Goseck in die Irre geführt. Gezeichnete Wege existieren nicht. Der Weg, den wir bewältigen müssen, gleicht einer Downhill-Passage, sehr sehr schwierig und kräftezehrend für Reiseradler! In der "Zivilisation" angekommen, bemerken wir zu allem Übel, dass sich die Bremsbeläge am Vorderrad gelöst und verloren gegangen sind. Das hätte äußerst ungesund enden können.... Zu dieser Zeit machen sich bereits erste Anzeichen einer Überanstregung bemerkbar. Auch sind die Temperaturen noch immer bei 30 °C.

Der Loquitz Radwanderweg, der durch das Thüringisch - Fränkische - Schiefergebirge führt, soll uns weiter nach Süden bringen. Wir folgen diesem bis Probstzella. Am Ende der Tour sind wir körperlich so über alle Maßen angestrengt, dass es noch Tage benötigen wird bis ein solider gesundheitlicher Grundzustand wiederhergestellt sein wird. Für Reiseradler ist zumindest dieser Teil des Radwegs nicht geeignet. Ständig wechselnde Auf- und Abpassagen mit Neigungen größer 10 %. Die Piste ist mit grobem Schiefer-Schotter belegt.

Eigentlich hätte Probstzella mehr Aufmerksamkeit verdient. Die BAUHAUS-Geschichte ist eindrucksvoll im "Haus des Volkes" dokumentiert, dafür reicht leider unsere Energie nicht.

Die für den Folgetag geplante 80 km lange Tour nach Bad Staffelstein überwinden wir kurzer Hand mit der Bahn, die glücklicherweise nicht ausgelastet ist. Tschüss Loquitz.



Bad Staffelstein - Donauwörth

236 km, 1.184 Hm, 7 Tage

Durch die Erlebnisse der letzten Tage haben wir entschieden, so lange zu bleiben, bis wir wieder fit sind. Ein Arzt bestätigt die Überanstrengung und verordnet Erholung! Einen lieben Dank geht an das Praxisteam von Dr. B.

Bad Staffelstein ist vorab schon wegen seiner Sole-Therme ausgewählt, was wir ausgiebig genießen. Die Entspannung geht uns durch und durch... Während des Ausruhens wird allerdings die Gelegenheit genutzt, einem Rad ein neues Schaltseil zu gönnen. Glücklicherweise regnet es, sodass wir nochmal in die Verlängerung gehen und Zeit für die Doku haben.

Die Distanzen der nächsten Etappen auf der D11-Route sind so gewählt, dass wir wieder in einen Flow kommen. Die neue Strategie heißt: kleine Etappen dafür weniger Pausentage, damit die Zeit nicht davonläuft.

In Hirschhaid erleben wir, wie 150 Jahre Freiwillige Feuerwehr ihren Brand löscht. Prosit!

Erfreulicherweise rollt es auf dem nächsten Abschnitt am Main-Donau-Kanal gut. Zum wiederholten Male ist es schwierig vorzubuchen, diesmal weil es ausgebucht oder unverhältnismäßig teuer ist.

Weiter rollen wir durch Fürth auf dem Paneuropa-Radweg, der hier als Biberttal-Bahntrasse ausgebaut ist.

Wir erfeuen uns über Skulpturen, die diesen Weg begleiten. Die Sinne werden auf andere Weise angesprochen  und witzige Ortsnamen wie "Aha", "Pflaumenfeld" u. v. m. gibt es obendrein. Inzwischen stellt sich die Erkenntnis ein, dass wir auf dieser Reise entweder Zeit haben für Stadtbesuche, Events und UNESCO oder wir beanspruchen Pausen, wenn unsere Muskeln wimmern. Kultur steht dieses Mal leider hinten an.

Auf der "Ludwig-Süd-Nord-Bahntrasse" gelangen wir ins Zentrum von Donauwörth. Dort beginnt die "Via Claudia Augusta", wo die alten Römer einen 700 km langen europaverbindenden Weg schufen.

In unserer Unterkunft angekommen, gibt es genügend Zeit für Doku, weiteres Vorbuchen, und die Wäsche erlebt, wie sich eine echte Waschmaschine anfühlt. Auch mal schön :-)



Donauwörth - Reutte (A)

172 km, 1.038 Hm, 5 Tage

Auf der Via Claudia Augusta (VCA) läuft es zunächst schwer an, trotz guter Wegstrecke. Augsburg mit Sightseeing und UNESCO ist für uns aus Zeitgründen wieder nicht möglich, ein anderes Mal. Die VCA ist sehr gut ausgeschildert, vielerorts mit Skulpturen und Geschichtstafeln beschrieben. Der Weg ist top. Noch... Inzwischen sehen wir viele "Artgenossen". Die Meisten kommen uns entgegen, auf motorisierten MTBs, dafür aber bergab Richtung Donau. Ab Hohenfurch ändert sich langsam das Panorama vom weiten Land in Bergpanorama übergehend. Auch der Belag wechselt immer öfter von Asphalt in Kies- und Schotterpisten. In Füssen gibt es eine echte Brotzeit mit Obazda, lecker! Irgendwann kommen wir in Reutte an, wo Ausruhen angesagt ist. Seit Reisebeginn freuen wir uns auf das Event "highline179", eine der längsten Fußgängerhängebrücken der Welt, mit mehr als 400 m Länge über die Fernpassstrasse. Auf der VCA von Reutte zur "highline179", bekommt man eine Ahnung über den Zustand des grobschottrigen Weges, der krassen Anstiege in Richtung Fernpass. Da sollte man sich über das eigene Material im Klaren sein, ob man das fahren kann und möchte! Wir werden uns wohl nach einer Alternative umschauen. Jetzt genießen wir erst einmal die Alpentherme und bestaunen die Berge aus einem bequemen Liegestuhl. Das Ganze bei Sonne und 24 °C, das Leben ist schön!



Reutte (A) - Meran (I)

185 km, 2.125 Hm, 6 Tage

Eine nochmalige Recherche vor Ort ergibt, dass ein Transfer von Reutte über den Fernpass dringend angeraten ist. Spezifische Radkarten und Touristinfos weisen die VCA als Bike Trail Tirol bzw. MTB - Trail aus. Sie wird hier, in der "Naturparkregion Reutte" nicht als (Reise-) Radweg erwähnt Daher entscheiden wir uns für den Postbus nach Nassereith. Eigentlich hätte es jede Menge Shuttle-Möglichkeiten geben sollen, tatsächlich haben wir sehr großes Glück, den Schienersatzbus nehmen zu können, obwohl er keinen Radheckträger hat. Unsere Räder lassen sich gerade so in den Kofferraum quetschen! Elektroräder werden nicht transportiert.

Radelnd erreichen wir das Tagesziel in Zams, wo wir mit einem Tiroler Abend belohnt werden, nett fürs Gemüt.

Der weiterhin gut ausgebaute Inn-Radweg führt an der mittelalterlichen Gerichtsstätte und Grenzbefestigung "Altfinstermünz" in der Innschlucht vorbei.  Die VCA nervt mit einer weiteren extrem beschwerlichen Schotterrampe mit bis zu 10 % Steigung.

Ab dem Zollamt Martina (CH), geht es endlich zum Reschenpass, den wir mit Respekt anfahren. Seine 11 Kehren lassen sich auf frisch asphaltiertem Belag fast ohne Schieben bewältigen. Welch Wunder.  Eine Höhe von 1.500 m ist erreicht, leider ohne fotogenem Schild :-)). Immerhin sind wir jetzt in Italien.

Beeindruckend ist der versunkene Kirchturm aus dem 14. Jhd im Reschensee, der 1950 gestaut wurde.

Von nun an gehts bergab... An der Etsch fahren wir 86 km im Regen, dafür auf bester glatter Radstraße (Etschradweg). Sie ist gesäumt von Plantagen Südtiroler Äpfel, zum Pflücken ist leider keine Zeit, dafür sind wir zu schnell :-)). Ein Traum von Strasse.

Auffallend viele Radfahrer mit einer Startnummer kommen uns entgegen. Sie sind am Gardasee (Rovereto) gestartet und auf dem Weg zum Nordkap (Northcup) in nur max 22 Tagen!

Da Kunst und Kultur in dieser Reise zu kurz kommen, gönnen wir uns dafür wieder eine Therme, diesmal in Meran.



Meran - Venedig

302 km, 1.590 Hm, 9 Tage

Hinter Meran setzt sich der traumhafte Etschradweg über 120 km fort. Rechts die Etsch und links Apfelplantagen, diesmal mit Zeit zum Naschen. Der Überetscher-Bahn-Radweg führt uns nach Kaltern am See durch das Gebiet der Südtiroler Weinstraße. Traminer, Vernatsch u.a. gedeihen hier. Es folgt der Trentino mit beginnender mediteraner Landschaft. An der Etsch entlang ist es fast ausschließlich sonnig, bei großer Hitze über 30 °C. So ist sicher zu erklären, dass wir Unterkünfte mit falschem Datum gebucht haben. Stress!! Zum Glück kann alles mit den Gastgebern auf direktem Wege geregelt werden. Danke!

In Riva del Garda übernachten wir am Fährhafen und können vom Balkon die abendlichen Tänzerinnen beobachten, es ist schön und kitschig zugleich.

Über den Gardasee nutzen wir eine Fähre bis Garda, die Räder wollen schließlich mal ausruhen. Dass wir nicht in Sirmione aussteigen verkürzt zwar den Weg, beschert uns aber einen 12%igen Anstieg. Die Sonne steht senkrecht, die Kräfte kommen nicht nach sich zu erholen, Tränen fließen.

Der Canale Biffis führt uns bis Verona. Dort gibt es Zeit, die Rückfahrtickets nach Berlin zu organisieren. Selbst 9 Tage vorher sind keine Fahrradstellplätze in der Bahn mehr frei...

UNESCO-Altstadtbummel in Verona, Kultur gibt es also doch noch für uns.

Die letzten drei Etappen stehen an, Erschöpfung und Freude wechseln sich ab. Bei schattenlosen 39 °C erreichen wir Padua. Den ersten und ältesten Botanischen Garten der Welt besuchen wir, gegründet 1545. Er ist UNESCO -Welterbe, genauso wie die "Capella degli Scrovegni" aus dem 14. Jhd.

Auf der letzten Etappe, die durch Venetien führt, befinden sich die geschützten Villen Palladios. Sie sind z.T. aufwendig und wunderschön restauriert.

Tatsächlich erreichen wir trotz häufigem Schlafmangel wegen "Hitzeschwitze" und "Mückenjucken" erleichtert und zufrieden unser Ziel Venedig! Nun gilt es den Titel dieser Reise in die Tat umzusetzten :-))



4 Tage Venedig und 2 Tage Rückfahrt

In Venedig angekommen ist uns bei 39 °C nichts näher als auszuruhen! Ein erholsames Hotelzimmer mit Terrasse gibt die Möglichkeit dazu. 

Am Abend kommen wir einer, vor 2 Monaten auf witzige Weise entstandenen Essenseinladung nach, in bester Lage mit Blick auf den Canal Grande. Dank an S&M!

In den Gassen von Venedig entzaubern ein weinig die Menschenmassen, uns engeschlossen, das romantische Bild. Auch den Gondolieri schauen wir lieber nur zu als mitzufahren (100 € für 30 Minuten).

Einen wunderbaren Ausflug zur Insel Murano gibt es aber noch. Dort erfährt man Einiges über die traditionelle Glasherstellung und weltbekannte Glaskunst. Das Glasmuseum haben wir leider nicht geschafft, denn 39 °C und pralle Sonne sind nicht leicht auszuhalten. Sogar das Eis schmilzt viel zu schnell.

Duch allergrößten Zufall ergatterten wir 2 Fahrradstellplätze und können damit unsere 2-tägige Heimreise antreten. Zunächst kommen wir mit der Bahn bis München, was uns einen Abend mit unserem Lieblingsfreund beschert und nächsten Tag erreichen wir flix Berlin mit dem Bus.

Nach nunmehr 7 Wochen Reise sind wir glücklich, unfallfrei im neuen Zuhause gelandet zu sein.

Pizza gibt es jedenfalls heute nicht :-)