Berlin - Sagres, Portugal

 

Die Taschen sind gepackt, Reifen gepumpt und die ersten Unterkünfte gebucht ... dann, plötzlicher Corona-Lockdown. Das war 2020.
Jetzt, 3 Jahre älter, brechen wir endlich zu dieser großen Reise auf und freuen uns, auf eine intensive gemeinsame Zeit miteinander.
Wenn wir uns etwas wünschen dürften, dann das, dass wir die Navigation nach Sagres nicht aus den Augen verlieren und stets das Rad kontrolliert verlassen.




Berlin - Bad Frankenhausen

261 km, 1147 Hm, 8 Tage

Frische 3°C erwarten uns vor der Haustür, die Sonne scheint, und mit nur 11 kg Gepäck pro "Nase" starten wir unsere Reise ab Potsdam.
Auf dem Europaradweg R1 rollen wir, ausschließlich nur mit Muskelkraft, zur zweithöchsten Erhebung Brandenburgs (Hagelberg), begleitend vom Duft blühenden Bärlauchs. Ausblick genießen, Eintrag ins Gipfelbuch, Schnittchen essen, weiter.
Die größte Weihnachtskirche Deutschlands steht in Polenzko, ihre beeindruckende Krippe ist jederzeit zu besichtigen.
Muskuläre Wintervorbereitungen haben für ein angenehmes Startgefühl gesorgt (Dank an Sven vom Clays). Inzwischen, auf der 1,8 km langen Kalibrierungsstrecke in Sachsen-Anhalt angelangt, stellen wir fest, dass die Abrolllänge unserer Reifen exakt mit dem Tacho übereinstimmt. Valides Fahren!
Vom Enstehen der Rechtsprechung zu Beginn des 13.Jh. erfährt man ausführlich im Freilichtmuseum "Sachsenspiegel" in Reppichau. Eine ganze Ortschaft als Kunstprojekt mit Figuren und  Wandgemälden! Unglaublich!
Holterdiepolter, gleich hinter Alsleben überrascht ein ca. 7 km langer Weg aus grobem Kopfsteinpflaster, abwechelnd mit tief schlammigen Pfützen. Am Ende der Tagesetappe muss noch eine 10%-ige Steigung bewältigt werden :-(
Mittlerer Weile im Südharzgebiet befindend, schiebt uns Rückenwind über hügeliges Mansfelder Gelände. Das kleine Mittelgebirge Kyffhäuser empfängt mit beeindruckender Landschaft z.B der Binnensalzstelle im Esperstedter Ried. Trotz salzigem Grundwasser wachsen dort seltene, angepasste Pflanzen. Salz spielt in Bad Frankenhausen eine große Rolle. An die Zeit des weißen Goldes erinnern hier u.a. Soletherme, Quellen, Schausieden, Gradierwerke.
Zu guter Letzt zeigt uns Barbarossa noch seine Höhle oder besser die Legende darum.


Bad Frankenhausen - Herbstein

314 km, 2274 Höhenmeter, 10 Tage

Nur noch 4.700 km bis zum Ziel ;-)
Bei 1°C und heftigem Gegenwind von >30 km/h starten wir auf dem Unstrut-Werra-Radweg, sogar bergab muss getreten werden! Ab jetzt eröffnen wir einen neuen Reiseabschnitt, der geprägt ist, vom Radeln auf Bahntrassen. Dies sind stillgelegte Bahnstrecken mit maximaler Steigung von 2-3%,  kreuzungsarm und meist mit dem Komfort einer durchgehenden Asphaltierung.
Die Route führt uns durch den Nationalpark Hainich bis zur der "Kaiserlinde", die in Niederdorla am geografischen Mittelpunkt Deutschlands steht.
Sehr schönes mittelalterliches Fachwerk zeichnet den  denkmalgeschützten Stadtkern von Treffurt aus. 
Hier wechseln wir auf den Werratal-Radweg, der zum thüringischen Kalibergbaugebiet leitet. Zwischendrin gibt es noch einen Stopp am geschichtsträchtigen WERRAGrenzPark bei Herleshausen. Im Tagesverlauf erhebt sich der Monte Kali, Besteigung leider nur am Wochenende möglich. Die vor Monaten gebuchte Führung durch das Erlebnisbergwerk Merkers ist ein echtes Superlativ! Mit einem Glückauf geht es auf 800 Meter unter Tage, vorbei am Goldraum, Kristallgrotte und viel Bergbaugeschichte. Merkers ist ebenfalls ein Ankerpunkt der "Europäischen Route der Industriekultur".
Über hügelige Landschaft geht der Weg vorbei an der Gedenkstätte "Point Alpha", dem Erinnerungsort der  deutschen Teilung. Kurzes Innehalten!
Der selten erwähnte Nüsttalradweg lässt sich grandios fahren, ist sehr idyllisch und familienfreundlich. Für uns schließt sich der gut ausgebaute Milseburgradweg direkt an, mittendrin verläuft ein 1,8 km langer,  beleuchter Tunnel. Super!
Organisatorisches (Doku, Webseite etc.) dauern noch überproportional lange. Dafür nehmen wir uns in Herbstein die notwendige Zeit, genießen aber auch die Vulkantherme. Hier auf der Höhe des Vogelsbergs hat uns endlich warmes frühlingshaftes Wetter erreicht.

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Radwege auf ehemaligen Bahntrassen: 
Unstrut-Werra-Radweg: Sondershausen - Artern (Kyffhäuserbahn), Trasse Mühlhausen - Sondershausen, Mühlhausen/Thüringen - Treffurt (Vogteier Bimmelbahn) 
Werratalradweg: Werratalbahn
Ulstertalradweg: Ulstertalbahn
Kegelspielradweg (Bimbel)
Milseburgradweg: Biebertal - Rhönbahn
Vulkanradweg: Oberwaldbahn



Herbstein - Saarbrücken

409 km, 2.767 Höhenmeter, 10 Tage

Auf der vorläufig letzten Bahntrasse, dem Vulkanradweg, ziehen wir weiter Richtung Mainz. Es herrscht Partystimmung wegen des Gutenberg Marathons. Vom Hotelfenster erblickt man das erste jüdische UNESCO-Welterbe Deutschlands, seit 2021. Es ist ein alter jüdischer Friedhof aus dem hohen Mittelalter.
Nach 2 Tagen Erholung queren wir die Nahe, um in den für uns noch unbekannten Hunsrück zu gelangen... Dieses Mittelgebirge verlangt ziemlich viel Muskelkraft ab. Bis zu 9% Steigung schaffen wir zu fahren auf endlos erscheinender übelster Schotterpiste, sogar bei 12°C und Niesel-Piesel.
Der Erbeskopf, 816 m Erhebung mit der Windklangskulptur ist unser höchster Punkt in Deutschland. Nach einem  anerkennenden "Bergbussi" geht es nun rasant bergab zur Saar. Fahrplanänderung: Den Aussichtspunkt Cloef lassen wir aus, fahren stattdessen die Saarschleife. Ist halt gemütlicher, auch kräfteschonender. Nichtsahnend steht an einem Aussichtspunkt die denkmalgeschützte Lutwinuskapelle. Sie wurde 1892 anlässlich der Goldenen Hochzeit von Eugen Boch und Oktivia, geb. Villeroy aus Trümmern errichtet.
Saarlouis bekommt einen Bonustag, Zeit für Markt und Stadtführung. Eine geschichtsbewegte Stadt wird uns engagiert vorgestellt.
Auf dem Leinpfad an der Saar radeln wir nach Saarbrücken. Auf solchen angelegten ufernahen Pfaden zogen ehemals Menschen, Zugtiere oder Lokomotiven Frachten flussaufwärts.
Nun, nach 1.000 Radelkilometern gönnen wir uns eine ausgiebige Pause.


Saarbrücken mit Umland

0 km, 0 Hm, 8 Tage

Nach dem Berliner Kaltstart und dem ständig getreten werden, müssen sich die Räder erholen, wollen gewaschen und ein Schlauch geflickt werden. Wir indessen langweilen uns nicht,  "stolpern" als Erstes über den 7. Längengrad Ost bei einem Stadtbummel.

In den nächsten Tagen wird ausreichend Zeit sein, Organisatisches zu erledigen sowie sich auf den französischen Teil der Reise einzustimmen. Alles ohne Französischkenntnisse!

Super interessant finden wir das Deutsche Zeitungsmuseum in Wadgassen mit seiner Sonderausstellung über Papier. Dort wird sehr anschaulich über die geschichtliche Entwicklung der Zeitung, deren technische Herstellung sowie der Pressegeschichte informiert.

An einem anderen Tag besuchen wir das UNESCO Weltkulturerbe Völklinger Hütte, wahrlich ein Koloss aus Eisen und Stahl! Die historische Anlage ist komplett erhalten, ohne Führung jedoch eher unüberschaubar.

Abends zelebrieren wir bei einem Vinho Tinto den aktuellen Portugal-Krimi "Lost in Fuseta".

Zwischendurch erfreuen sich unsere Muskeln in der Saarland-Therme mit ihrem maurisch-andalusischen Flair. Was will man mehr :-))



Saarbrücken - Colmar

241 km, 1.024 Höhenmeter, 8 Tage

Die Einfahrt nach Frankreich beginnt, leider ohne Sprachkenntnisse. Erstes Frühstück: Nescafé (gewöhnungsbedürftig), Croissant mit Marmelade (gut, aber zum Fahren zu wenig), jedenfalls reicht es nicht zum Verhungern ;-))

Nach der ausgiebigen saarbrücker Pause "treideln" unsere Räder entlang dem Saarkanal, ehemals für den Steinkohletransport gebaut. Später wechseln wir auf den Marne-Rhein-Kanal, insgesamt werden ca. 50 Schleusen passiert. Seit einiger Zeit gleicht das Radeln eher einer Meditation mit leisem Surren der Räder, Vogelgezwitscher und quakenden Fröschen. So vergehen Stunden und Tage, insgesamt 140 km.

Die ehemals wichtigen, jetzt historischen Kanäle sind einfach nur schön. Das wissen auch einige Freizeitkapitäne. Die Schiffe benötigen pro Schleusengang ca. 30 Minuten, wir indes ziehen seitlich daran vorbei. Spektakulär ist der in Europa einzigeartige Schrägaufzug für Schiffe in Saint-Louis/Arzviller. Er bringt zumeist Freizeitschiffer von der Lothringischen Hochebene ins Elsass. 45 m Höhendifferenz werden mit einem Mal überwunden, anstelle einer 17-stufigen Treppenschleuse.

Die Tage gleiten dahin, bis zum nächsten Ruhetag. Dieser wird vollständig benötigt für Streckenänderung sowie dem Buchen von Unterkünften der nächsten 2 Wochen. Sie sollten, wenn möglich, immer dicht an unserer Strecke sein, ins Budget passen und ganz schöööön sein. Elsässischer Flammkuchen und Edelzwicker passen schon mal gut. Es gibt außerdem zahlreiche sehr alte Fachwerkhäuse (teils16 Jh), Pâtisserien, jede Menge Touristen und das sonnige Wetter in Colmar liegt bei 25°C, einfach traumhaft!





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